wissen Sie, was eine public interest litigation ist? Dieses Instrument ist im deutschen
Rechtssystem nicht vorgesehen; in Indien können mit einer solchen Klage Bürger die
Regierung an ihre Pflichten erinnern. Die Dorfbewohner im Einzugsbereich unserer clinic
fordern damit ihr verfassungsmäßiges Recht auf Gesundheit und medizinische Behandlung ein,
das ihnen nach ihrer Überzeugung durch das Khejri - Projekt gewährleistet wird.
In einer ersten Anhörung wurde die Klage am obersten Gericht in Jaipur zugelassen,
die endgültige Behandlung steht noch aus und ist nicht vor Ende Juli zu erwarten.
Es ist dies unser letzter Versuch, die clinic am gegenwärtigen
Standort zu halten und die geplante Straße an unserem Hause vorbei zu leiten.
Die ungewisse Situation hat unsere Langzeitplanung ein wenig beeinträchtigt,
glücklicherweise aber nicht unsere Arbeit.
Weiterhin wird die clinic in hohem Maße von Patienten frequentiert, als neue Mitarbeiter sind
Dr. Toqeer als ständig mitarbeitender Pädiater und Dr. Mehta als Dermatologe hinzugekommen.
Letzterer bietet seine Dienste jeden Sonnabend an, Dr. Toqeer ist täglich im
Zentrum und gewährleistet so eine fachgerechte Versorgung der Kinder.
Beide Herren sind bereits im Ruhestand; Dr. Mehta war vorher in der Armee,
Dr. Toqeer im öffentlichen Gesundheitsdienst. Wir sind natürlich sehr dankbar, dass solche
Spezialisten gegen die Zahlung einer geringen Aufwandsentschädigung bei uns mitarbeiten.
Sister Jacobs ist ebenfalls ein neues Mitglied unserer Mannschaft, sie kam, um Sreeja
(unsere Hauptschwester) während ihres Mutterschaftsurlaubs zu vertreten.
Inzwischen ist die Arbeit so reichlich geworden, dass wir auch nicht wieder auf sie
verzichten möchten, obwohl Sreeja seit Ende April wieder voll arbeitet.
Söhnchen Anandu hat die Anzahl der Kinder auf dem
Khejri - Gelände auf fünf erhöht, Mutter und Kind sind wohlauf.
Ende April wurde auch das neue -clinomobil- fertiggestellt und ausgeliefert.
Jetzt gilt es, die Einsatzpläne zu überarbeiten und fertig zu stellen.
Es ist ja nicht damit getan, in irgendein Dorf zu fahren und zu sagen: hier sind wir.
Wenn ein geeigneter Mittelpunkt identifiziert worden ist, dann gilt es
zunächst, den Dorfältesten zu benachrichtigen und sein placet einzuholen,
etwaige -spiritual healers- vor Ort zu informieren, Sprechzeiten festzulegen und bekannt zu geben,
Zufahrtswege und Stellflächen zu inspizieren, ehe der Kleinbus darin stecken bleibt.
Ganz offiziell muß auch der Medical Health Officer,
der für diese Gegend zuständig ist, angeschrieben werden.
Die personelle Besetzung der mobilen Klinik mit zwei Ärzten, einer Krankenschwester
und zwei weiteren Hilfspersonen haben wir schon beschlossen, auch über die
Ausstattung mit Medikamenten und Geräten habe ich Listen angefertigt.
Die Koordination all dieser Arbeiten liegt wieder bei Lohit, wir hoffen,
dass noch vor Monsunbeginn mit dem Einsatz begonnen werden kann.
Unsere anderen Programme laufen natürlich auch weiter: Tuberkulosebehandlung,
school health education, Schwangerenvorsorge.
Die zusätzliche Ausgabe von hochkalorischen -Müsliriegeln-
an die Schulkinder haben wir allerdings eingestellt. Ich berichtete schon darüber,
dass das Ergebnis absolut unzureichend war. Die Kinder waren und blieben unterernährt,
in vielen Fällen bekamen sie zu Hause nichts mehr zu essen,
- sie waren ja schon in der Schule versorgt worden!
Seit Beginn des Jahres verfügen wir über ein Ultraschallgerät,
das sich in der Kürze der Zeit schon gut bewährt hat.
Frau Dr. Bajaj hat schon vor der Anschaffung eine
Fortbildung auf diesem Gebiet betrieben, so daß sie besonders in der
geburtshilflichen Sonographie gute Erfahrungen hat. Nicht geburtshilfliche
Ultraschalluntersuchungen und auch das Schreiben und Lesen eines EKG wurden
in den letzten Monaten von mir durchgeführt. Inzwischen können wir gut
diagnostizieren und dokumentieren, unsere Ausstattung nähert sich westlichen
Maßstäben an. Für den Herbst wurde uns noch eine Spende
für ein automatisches Sterilisationsgerät und eine Operationslampe zugesagt.
Weiter ganz oben auf unserer Prioritätenliste steht eine
zahnärztliche Behandlungseinheit. Sobald die -Straßenlage-
es zuläßt, werden wir an die Verwirklichung dieses Planes gehen.
Die zeitlich limitierte Mitarbeit von Zahnärzten aus Deutschland und die
mögliche Kooperation von solchen aus Jaipur wurde uns schon angedeutet.
Zum Schluß möchte ich Sie noch mit Puram bekannt machen.
Puram ist zwölf Jahre alt, seine Mutter ist debil,
sein Vater arbeitsloser Alkoholiker. Der Junge hat zwei jüngere Geschwister
und einen älteren Bruder, der gelegentlich etwas Geld verdient.
Puram kam allein in unsere Praxis und klagte
über ständige Kopfschmerzen; er hatte einen Blutdruck von 260/140.
Wir sorgten für seine Klinikeinweisung und für die notwendige Operation eines
Phäochromocytoms, das für diese Blutdrucksteigerung verantwortlich war.
Seitdem muß das Kind ständig Medikamente nehmen und
da die Eltern kein Geld haben, stehen wir für die Behandlung ein.
Leider ist es zwischenzeitlich zu einem Wiederanstieg
des Blutdrucks gekommen und Puram mußte erneut ins Krankenhaus.
Sie müssen wissen, dass ein Patient dort nicht allein bleiben kann:
in jedem Falle muß irgendein Familienangehöriger mit,
der Medikamente besorgt, Nahrung herbeischafft, Ansprechpartner ist.
Sie können sich auch vorstellen, dass Purams Eltern hierfür überhaupt
nicht geeignet sind! Der Vater wurde ständig bei uns vorstellig,
forderte Geld für Medikamente, das er doch in kürzester Zeit in Alkohol
umgesetzt hätte, die Mutter konnte die Lage gar nicht begreifen.
Dem Kind ging es derweil immer schlechter, erst als wir mit der Polizei drohten,
kümmerte der Vater sich widerwillig um die neue Krankenhausbehandlung.
Ich hoffe, dass es Puram inzwischen wieder besser geht.
Dennoch wird er auf Dauer unsere Hilfe brauchen.
Danke, dass Sie uns immer wieder in die Lage versetzen, Patienten zu helfen, einzugreifen
in Situationen, in die Menschen unverschuldet geraten sind und in denen
sie ohne praktische und auch materielle Hilfe nicht bestehen können.
Wir vertrauen auch weiterhin darauf, dass Sie uns nicht im Stich lassen,
damit wir keinen unserer Schützlinge im Stich lassen müssen.
Zur Erinnerung: Khejri Verein Bremen e.V.
Bankhaus Carl F.Plump, Bremen
BLZ 290 304 00
Konto 760
Wir wünschen Ihnen einen schönen, sonnigen Sommer, Jaipur und Umgebung einen ausgiebigen Regen!