Dr. Marianne Jansen


Jaipur, 25.11.2000


Liebe Mitglieder des Khejri – Vereins, liebe Spender,

Mein Dankeschön für all die Spenden des zu Ende gehenden Jahres kommt dieses Mal noch aus Indien. Hier ist es zur Zeit noch sommerlich warm, doch die nachts einsetzende Kühle wird von uns sehr begrüßt. Der Sommer war heiß und trocken, nur etwa ein Drittel des erwarteten Monsunregens ist gefallen und das nun schon im dritten Jahr. In der Umgebung von Jaipur sind nach Angaben der Regierung 32 000 Brunnen trockengefallen. Das bedeutet, dass die gleiche Anzahl an Dörfern und kleinen Ansiedlungen kein Wasser mehr hat, die Ernte wird vertrocknen, das Vieh wird verhungern und die Menschen müssen wegziehen. Sie werden keine andere Wahl haben, als in die Städte zu kommen und zu versuchen dort mit Gelegenheitsarbeit ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Anzahl der verarmten Menschen wird zunehmen und somit auch unsere Patientenzahl. Jaipur selbst und auch Jagatpura sind noch einmal davongekommen: unser Brunnen gibt nach wie vor ausreichend Wasser.
Probleme entstehen in unserem Gebiet eher durch das Anwachsen der Stadt Jaipur. Sie breitet sich immer mehr aus und verdrängt Kleinbauern aus ihren ursprünglichen Ansiedlungen. Zwar werden Entschädigungen versprochen, aber selbst wenn es dazu kommen sollte, sind sie so klein, dass keine Familie davon neues Land erwerben kann.
In unserer Praxis geht die Arbeit den gewohnten Gang. Nun sind wir ja schon fast sechs Jahre hier und zu einer festen Einrichtung geworden. Die Leute vertrauen auf unsere Hilfe und wenden sich mit ihren medizinischen Problemen an uns. Neben der Routinearbeit haben wir mit einem Spezialprogramm zur Tuberkulosebehandlung begonnen. Die bei uns vor Jahren fast ausgerottete Kranheit findet hier noch viele Opfer, sie steht bei den Todesursachen durch Infektionen immernoch an erster Stelle. Im Jahre 1998 hat die Regierung nach den Richtlinien der WHO ein Behandlungsprogramm begonnen, - DOTS, Directly Observed Treatment, Short Course -, dass zu einer Minimierung der Patientenzahlen führen soll. Prinzip der Behandlung ist, die Medikamenteneinnahme der Patienten direkt zu überwachen, etwaige Nebenwirkungen sofort und nachhaltig zu behandeln und auf eine Kontinuität der Behandlung zu drängen. Die von Ministry of Health and Family Welfare angegebenen Heilungsraten nach Abschluss der Pilotstudien sehen sehr eindrucksvoll aus, wir können sie jedoch nicht bestätigen. Etwa fünfzig Prozent der Patienten gibt die Behandlung vorzeitig auf, etwa die Hälfte davon haben eine offene Tuberkulose! Als Gründe für die Beendigung einer Therapie werden die zu grossen Entfernungen zwischen Wohn- und Behandlungsort angegeben, der Verdienstausfall an Behandlungstagen, die Unverträglichkeit der Medikamente, es kommt auch vor, dass ein Ehemann seiner Frau die Behandlung nicht erlaubt. Da ein Patient mit offener Tuberkulose in einem Jahr etwa zehn bis fünfzehn weitere Menschen anstecken wird, stehen Aufklärung und Beratung der Patienten neben der Behandlung an vorderer Stelle. Aus unserem laufenden Etat können wir die (teure) Behandlung natürlich nicht finanzieren, dafür steht uns ein Extrafond aus Holland zur Verfügung.

Ein weiteres Programm können wir fortführen, nachdem das Ökumenische Gymnasium in Bremen uns eine grössere Spende überwiesen hat. Die Schülerinnen und Schüler liefen und wanderten fur uns, jeder Kilometer wurde gesponsort. Wir sind dafür sehr dankbar, denn nun können wir die bereits begonnenen Schuluntersuchungen fortführen. Jede Woche sind an drei Tagen jeweils zwei bis drei Ärzte damit beschaftigt, Kinder in den Schulen in unserem Einzugsgebiet zu untersuchen, Diagnostik und Therapie einzuleiten, praventivmedizinische Massnahmen zu erläutern und einzuüben, Aufklärung zu Ernährung und Hygieneverhalten zu geben und hochkalorische Zusatznahrung an die meist unterernährten Kindern zu verteilen. Hier sehen wir eine grosse Möglichkeit, mit unserer Arbeit bereits bei den Kindern und Jugendlichen zu beginnen. Solche Zusatzprogramme kosten natürlich Geld, das wir in unserer täglichen Arbeit nicht ubrig haben. Sie konnen sich vorstellen, dass wir deshalb auch Extraspenden von Geburtstagsfeiern, Bazaren, Schulen, Sozialveranstaltungen sehr gerne entgegennehmen. Durch Verbindungen von Mrs. Unnithan, managing trustee vor Ort, bekommen wir auch Spenden aus Holland und Belgien, gelegentlich auch aus England durch weitere private Kontakte. Basis unserer Existenz ist allerdings nach wie vor der „Khejri – Verein“, denn auf diese monatliche Zuwendung können wir uns ganz sicher verlassen. Jedoch hat der Betrag, den wir überweisen inzwischen zugenommen; der Euro bzw. die DM sind nicht mehr so hoch bewehrtet wie noch vor ein zwei Jahren , und natürlich zwingt uns auch die Inflationsrate in Indien jährlich die Gehälter unserer Mitarbeiter anzupassen. Seien Sie doch so nett und überprüfen Sie einmal, wann Sie zuletzt Ihren Beitrag zu Khejri erhöht haben!

Auch kleine Veranstaltungen von uns werden hier begierig aufgenommen. Traditionell ist der Geburtstag Nehrus, der 14. November, in Indien Kindertag. Wir haben ein kleines Kinderfest stattfinden lassen, mit Spielen,Malwettbewerb und Geschichtenerzählen. Leonard, unser freiwilliger Helfer aus Holland, hat mit fünf Ballen jongliert, wir haben aus alten Zeitungen Schwalben und Flugzeuge gefaltet und sie vom Dach fliegen lassen. Die Kinder hatten viel Spass und konnten selbst ihre Krankheiten und Kümmernisse für eine Zeit vergessen.
Für eine kleine Schule mitten im Wüstensand haben wir mit dem Geld der Kollekte aus dem Bremer Dom zum Weltkindertag Spielzeug eingekauft, - die Kinder beginnen die „Schule“ hier schon im Alter von drei Jahren. Neben dem Lernspielzeug wollten wir auch einfache Bauklötze haben, und natürlich mußte auch ein Schrank her, um die ganzen Sachen aufzubewahren.

Ich hoffe, Ihnen wieder einen kleinen Eindruck von der Arbeit in Jagatpura gegeben zu haben. Wenn Sie mehr wissen mochten, rufen Sie mich an oder besuchen Sie mich. Und sollten Sie mal nach Jaipur kommen, sind Sie herzlich willkommen, bei uns vorbeizuschauen und zu besichtigen, was Sie mit Ihren Spenden bewirken und aufrechterhalten. Die oben erwähnten Zuwendungen sollen nur ein Beispiel geben, viele Spender bleiben unerwähnt, aber nicht weniger wichtig.
Wir sind sehr dankbar für all Ihre Mithilfe, ohne die wir nichts ausrichten könnten. Die Menschen hier wissen ebenfalls, dass Hilfe aus fernen Ländern kommt. Dass die Menschen dort nichts für ihre Hilfe verlangen, ist ihnen inzwischen auch geläufig. Wir haben hier Vertrauen gewonnen und sind sehr bestrebt, dieses aufrechtzuerhalten. Mit geringen Mitteln leisten die Mitarbeiter hier qualitativ gute Arbeit, Sie geben uns dazu die Möglichkeit.

Danke und alle guten Wünsche zu Weihnachten und zum Neuen Jahr.